Mannheim auf dem Weg zur Fast-Track City
Am 24. Januar 2024 fand die Konferenz „Mannheim als Fast-Track City“ im Technischen Rathaus Mannheim statt. Ziel war die Einbindung zentraler Akteur*innen der Zivilgesellschaft in die Entwicklung eines lokalen Handlungskonzepts zur Bekämpfung von sexuell übertragbaren Krankheiten und zur Stärkung von sexueller Gesundheit und Selbstbestimmung in Mannheim. Fast 50 Personen folgten der gemeinsamen Einladung des Gesundheitsamts und der LSBTI-Beauftragung der Stadt Mannheim. Durch den Tag führte Max Appenroth, Gesundheitswissenschaftler und Transaktivist aus Köln.
Gesundheitsbürgermeister Dirk Grunert hebt das bereits vorhandene breite Engagement zahlreicher Initiativen und Vereine in Mannheim hervor: „Was Mannheim aber noch nicht hat, ist ein stadtweites, integratives Netzwerk zu sexuell übertragbaren Krankheiten und gesundheitlicher Chancengleichheit, das die verschiedenen Aktivitäten übergreifend koordiniert und auch Intersektionalität, also die Wirkung einer möglichen Mehrfachbetroffenheit von Menschen, berücksichtigt. Genau dieses könnte durch den Beitritt Mannheims zur Fast-Track Cities-Initiative geschaffen werden. Dies würde auch auf die strategischen Ziele unseres Leitbilds Mannheim 2030 einzahlen“, so Bürgermeister Grunert.
Im Rahmen der Konferenz nahmen zudem Vertreter*innen aus den Gemeinderatsfraktionen Stellung. So erklärte Dennis Ulas, Fraktionsvorsitzender der LI.PAR.Tie: „Man muss sich im Klaren sein, dass das Thema STI nicht nur sogenannte Randgruppen betrifft, sondern die ganze Gesellschaft. Das Geld, das wir hier anlegen, ist gut angelegtes Geld“. Dr. Regina Jutz (Grüne) stellte heraus: „Die Infektionszahlen in Mannheim sind echt krass im Vergleich zu anderen Städten. Da kommt keiner dran vorbei. Wenn wir uns der Fast-Track Cities-Initiative anschließen, dann ist das auch ein Versprechen, dass wir uns ernsthaft engagieren, deren Ziele zu erreichen.“ Thomas Hornung (CDU) ergänzte: „Wenn ich heute eines mitnehme dann: Mehr niedrigschwelliges, anonymes und aufsuchendes Testen, grundsätzlich mehr Testangebote und dafür auch mehr Geld in die Hand nehmen.“ Und Prof. Heidrun Kämper (SPD) fasste ihre Absichten für die weitere politische Arbeit zu FTC so zusammen: „Die Fast-Track City-Ziele für 2030 bedeuten für uns, dass ganz Mannheim 2030 vorurteilsfrei ist. Politik hat hier an erster Stelle eine Aufgabe.“
In vier Workshops zu den Themen „Prävention“, „Testung“, „medizinische Versorgung“ und „0% Diskriminierung“ wurden weitere Ideen für ein Konzept der FTC in Mannheim gesammelt. Neben den eng an die offiziellen Ziele von FTC angelehnten Modulen „Testen“, „medizinische Versorgung“ und „0% Diskriminierung“ ist für das Mannheimer FTC-Konzept ein zusätzliches Modul zur Prävention vorgesehen, das sich vor allem mit STI-Aufklärung bei Jugendlichen und Risikogruppen beschäftigen soll.
„Schon bei der Anmeldung zu den Workshops wurde deutlich, dass gerade zum Thema HIV-Prävention das Interesse besonders groß ist. Ich freue ich mich über so viel Interesse an Aufklärung und Prävention für Jugendliche“, sagte Dr. Peter Schäfer, Leiter des Jugendamts und des Gesundheitsamts.
Den Abschluss bildete ein Ausblick auf die nächsten vorgesehenen Schritte. Die Verwaltung wird nun die Ideen aus der Veranstaltung aufgreifen und im Rahmen der realisierbaren Möglichkeiten das FTC-Konzept finalisieren. Im Anschluss daran wird die Stadtverwaltung eine Beschlussvorlage zum Beitritt Mannheims zur FTC-Initiative gemeinsam mit dem erarbeiteten Konzept in den Gemeinderat einbringen.
Hintergrundinformationen:
Fast-Track Cities (FTC) ist eine Initiative von UNAIDS, der für die Bekämpfung von HIV und AIDS zuständigen Organisation der Vereinten Nationen. Sie wurde 2014 in Paris ins Leben gerufen und hat die Beendigung der HIV-Pandemie bis 2030 zum Ziel. Städte können Fast-Track City werden, indem sie der FTC-Initiative durch Unterzeichnung der Pariser Deklaration beitreten und sich damit den Zielen von FTC verpflichten.
Die Ziele der FTC-Initiative werden in der Zahlenfolge 95-95-95-0 zusammengefasst:
• 95% aller HIV-Infektionen sind bekannt.
• 95% der bekannten HIV-Infektionen sind unter Therapie.
• 95% der HIV-Infektionen unter Therapie sind so erfolgreich, dass kein HI-Virus mehr nachweisbar ist und somit annähernd keine Ansteckungsfähigkeit mehr besteht.
• 0% Diskriminierung und Stigmatisierung von Menschen, die von HIV betroffen oder bedroht sind.
Die FTC Initiative richtet sich neben HIV auch gegen Krankheiten, die häufig mit HIV-Infektionen assoziiert sind, wie z. B. andere sexuell übertragbare Krankheiten (STI) wie Hepatitis B und C, Syphilis und Gonorrhoe (Tripper) und ähnliche Krankheiten. Auch Tuberkulose und psychische Krankheiten, insbesondere Suchterkrankungen, treten häufig zusammen mit HIV auf.
Die aktuellen Zahlen zu STI für Mannheim im Vergleich zu anderen Städten sind folgende: Über die letzten acht Jahre gesehen, lagen die Gesamtinzidenzen aller meldepflichtigen STI zusammengefasst in Mannheim (651 Fälle/100.000 Einwohnende) deutlich über denen von Frankfurt (619), Karlsruhe (367), Bochum (355) und Freiburg (302). Für die einzelnen STI zeigen sich dabei in Mannheim im Vergleich zu den anderen Städten hohe Inzidenzniveaus zu HIV (78), Hepatitis B (193) und C (202) sowie zu Syphilis (178). Insbesondere für Hepatitis B und C sind die jährlichen Fallzahlen seit 2015 deutlich angestiegen.
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