Besuch der Bildungsakademie der Handwerkskammer
Bei einem Besuch in der Bildungsakademie der Handwerkskammer Mannheim Rhein-Neckar-Odenwald informierte sich Oberbürgermeister Christian Specht über Entwicklungen, Investitionsbedarfe und Herausforderungen in der Bildungsstätte des Handwerks. Weitere Themen waren Kooperationsmöglichkeiten zwischen Handwerk und Stadt, beispielsweise im Rahmen des Local Green Deals oder beim ESF-Projekt „Lern-Bau-Werkstatt“.
Neben dem Oberbürgermeister waren die Erste Bürgermeisterin, Prof. Dr. Diana Pretzell sowie die Bürgermeister Dr. Volker Proffen, Thorsten Riehle und Ralf Eisenhauer der Einladung in die Bildungsakademie gefolgt. Darüber hinaus nahmen vom Fachbereich für Wirtschafts- und Strukturförderung der Stadt Mannheim deren Leiterin Christiane Ram sowie Harald Pfeiffer und Local Green Deal Manager Burak Bas am Austausch teil. Vonseiten der Handwerkskammer standen Präsident Klaus Hofmann, Hauptgeschäftsführer Jens Brandt und der Leiter der Bildungsakademie, Geschäftsführer Marcus Braunert, dem Besuch Rede und Antwort.
Gleich im Foyer der Bildungsstätte hatte Oberbürgermeister Christian Specht entdeckt, was „sein Herz erfreute“: die Silhouette der Stadt Mannheim. Sie zieht sich im Blau der Handwerkskammer eine breite Wandfläche entlang, erst jüngst aufgemalt von einem der Gewerke, das in der Bildungsakademie eine von insgesamt 24 Werkstätten belegt: den Malern. „Das Bild der Silhouette Mannheims passt hervorragend zum Anlass des Austausches“, sagte Oberbürgermeister Christian Specht. „Unser Anliegen ist es, Kooperations- und Unterstützungsmöglichkeiten zu thematisierten und festzustellen, bei welchen zentralen Themen wir gut und vertrauensvoll zusammenarbeiten können.“
Wie wichtig der Austausch sei, formulierte auch die Erste Bürgermeisterin, Prof. Dr. Diana Pretzell, gleich zu Beginn: „Das Handwerk ist wesentlicher Bestandteil der regionalen Wirtschaft und schafft Arbeitsplätze für viele Menschen. Sie sind der ‚goldene Boden‘, der dazu beiträgt, unsere Stadt weiterzuentwickeln und auf den wir aufbauen sollten. Damit sind Sie eine wichtige Schulter für unsere Stadt und wir möchten eng zusammenarbeiten.“
Die Vertreterinnen und Vertreter der Stadt zeigten sich beeindruckt davon, wie viel sich hinter den roten Fassaden des Gebäudes in der Mannheimer Gutenbergstraße verbirgt. Rund 180 junge Menschen sind im Schnitt täglich vor Ort, um im Zuge der überbetrieblichen Ausbildung in den Werkstätten – ergänzend zu ihrer Ausbildung im Betrieb – zu lernen, was dort vielleicht nicht möglich ist, jedoch im Lehrplan steht. Und das in zehn verschiedenen Gewerken. Die Azubis kommen von überall aus dem Kammergebiet im Rhein-Neckar-Odenwald-Raum – zum Teil sogar von darüber hinaus. „Eschelbronn, Wiesloch, Bammental, Heidelberg, Neckargemünd“, hörten die Bürgermeister bei ihrem Rundgang durch das Gebäude von den jungen Leuten in der Elektrowerkstatt.
Dort offenbarte sich den Besuchern ein Bereich, der „richtig brummt“, wie der Leiter der Bildungsakademie, Marcus Braunert, formulierte. „Wir haben hier Nachfrage ohne Ende“, sagte er. Gleichzeitig gehöre die Elektrotechnik, neben anderen wie beispielsweise Sanitär-Heizung-Klima, Metall und Kfz, auch zu den Gewerken, die aufgrund ihrer steten und schnellen Entwicklung vor große Herausforderungen stelle. „Der technische Fortschritt geht so rasant, dass wir permanent aufstocken müssen“, so Braunert. In vielen Bereichen schreite die Transformation in großen Schritten voran und fordere von Ausbildungsstätten einen adäquaten Stand. „Wenn wir von Investitionen in die Zukunft sprechen, dann meinen wir damit neben den erforderlichen Investitionen ins Gebäude, in Arbeitssicherheit und Brandschutz auch, dass wir der Entwicklung der Technik folgen müssen“, informierte Kammerpräsident Klaus Hofmann. „Wir sprechen hier von Millionenbeträgen.“
Wie die Qualität hochgehalten und Investitionsanforderungen gestemmt werden können, sind in der Handwerkskammer große Aufgaben der nahen Zukunft. Auch die Frage, wie Bereiche angesichts einer zurückgehenden Nachwuchsstruktur sinnvoll konzentriert werden können, um mehr Effizienz zu erreichen, spiele hier hinein. „Wir haben Berufsgruppen, die bei uns zurückgehen, während wir in anderen sehr stark aufgestellt sind, beispielsweise im Bereich Metall“, erklärte Marcus Braunert. „Die Frage ist daher, in welchen Gewerken wir uns zum Kompetenzzentrum entwickeln und in welchen wir mit Partnern zusammenarbeiten, sodass jeder auf eine sinnvolle Auslastung kommt.“ Eine große Herausforderung, zumal man nicht in die Zukunft schauen könne, wie auch Hauptgeschäftsführer Jens Brandt betonte. „Solche Konzentrationen sind in absehbarer Zeit für viele Einrichtungen wichtig“, sagte er. „Wir müssen sehen, dass wir uns nicht gegenseitig das Wasser abgraben.“
Parallel zur Entwicklung von Technik und Ausbildungssituation stelle der Personalbedarf innerhalb der Bildungsakademie vor Herausforderungen. „Wir konkurrieren mit der Industrie und anderen“, sagte Kammerpräsident Klaus Hofmann. „Dazu kommt der Lehrauftrag. Nicht jeder hat die Bereitschaft, mit jungen Leuten zu interagieren.“ Auch ein breites Wissensspektrum müsse abgedeckt sein. In der Überbetrieblichen Ausbildung gehe es schließlich um Innovationen ebenso wie um Basics. „Das braucht neben dem Wissen unserer Ausbilder auch eine große Bandbreite an Schulungsmaterial“, erläuterte Hauptgeschäftsführer Jens Brandt. „Beispiel Elektrotechnik: Natürlich sind neueste Standards Ausbildungsinhalt. Trotzdem muss jeder wissen, wie er mit den technischen Gegebenheiten in einem Bestandsgebäude umgehen muss.“
Einen konkreten Ansatz der Zusammenarbeit machten die Vertreter der Stadt und der Handwerkskammer bei der Mannheimer Lern-Bau-Werkstatt für Geflüchtete aus. Bürgermeister Thorsten Riehle verwies auf die Synergie, die zum Werkstattangebot der Bildungsakademie bestehe. „Für dieses Projekt kann es sehr hilfreich sein, die bestehende Infrastruktur, zum Beispiel der Holz-Werkstatt zu nutzen“, sagte er. „Und wenn die Menschen dann schon in der Bildungsakademie sind, schauen sie vielleicht auch beim Bau oder den Malern rein“, ergänzte Marcus Braunert.
Dem Handwerk sei es wichtig, alle Gesellschaftsgruppen einzubinden und Chancen zu eröffnen. Gleichsam wolle man Partner in verschiedensten Bereichen sein. „Es ist unser Ziel, die komplette Kette vom Kindergarten bis hin zum Meister abzubilden“, sagte Hauptgeschäftsführer Jens Brandt. Ein Stichwort für Bürgermeister für Dr. Volker Proffen, der Kooperationsmöglichkeiten mit den städtischen Tageseinrichtungen für Kinder ins Spiel brachte. Aus Sicht der Handwerkskammer beginnt dort der Erstkontakt, der im Idealfall in eine Handwerkskarriere mündet und den Fortbestand von Betrieben sichert. „65 Prozent aller Handwerksbetriebe stehen in den nächsten zehn Jahren vor der Übergabe“, informierte Kammerpräsident Klaus Hofmann. Es sei mittlerweile schwer, Menschen zu motivieren, die Selbstständigkeit zu wagen. Beispielsweise im Lebensmittelhandwerk. „Viele scheuen das Risiko, weil sie Faktoren, wie die Entwicklung von Energiepreisen, als nicht mehr kalkulierbar empfinden.“ Dabei habe Handwerk viel Potenzial, gutes Geld zu verdienen. In der Elektrotechnik werden Meistern mit einigen Jahren Berufserfahrung teilweise durchaus zur Industrie vergleichbare Gehälter gezahlt, zumal wenn sie Wissen in moderner Gebäudesteuerung haben. Mit dem neuen Berufsbild des Gebäudesystemintegrators habe das Handwerk eine Möglichkeit explizit für Höherqualifizierte geschaffen und auch damit perspektivisch die Weichen für einen Zukunftsbereich gestellt.
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