Einzigartige Einblicke in die Werkstatt eines Komponisten
Faksimile-Ausgabe der Oper Günther von Schwarzburg von Ignaz Holzbauer
Das wieder aufgefundene Autograph der Oper Günther von Schwarzburg von Ignaz Holzbauer gehört nicht nur zu den wichtigsten musikalischen Quellen der Mannheimer Hofkapelle, sondern auch zu den herausragenden Kompositionen der Mannheimer Operngeschichte. Holzbauer, 1711 in Wien geboren, zählte zusammen mit Niccolò Jommelli, Johann Adolf Hasse oder Johann Christian Bach zu den namhaften Opernkomponisten seiner Zeit. Im Sommer 1753 war er von Stuttgart kommend an die Spitze der seinerzeit berühmten Mannheimer Hofmusik berufen worden, nachdem er sich mit der "Favola pastorale" Il figlio delle selve als Komponist empfohlen hatte. Nach der erfolgreichen Uraufführung dieser Oper, am 15. Juni 1753 im neuerbauten Schwetzinger Residenztheater, erhielt er die Kapellmeisterstelle am kurpfälzischen Hof in Mannheim, die er bis zu seinem Tod 1783 innehatte. In die Musikgeschichtsschreibung ging Holzbauer vor allem durch die deutschsprachige Oper Günther von Schwarzburg ein, die am 5. Januar 1777 in der Mannheimer Hofoper uraufgeführt wurde. Das Werk galt als mustergültiges Beispiel dafür, wie eine eigene, nicht mehr ausschließlich an italienischen und französischen Vorbildern orientierte deutsche Oper zu komponieren sei. Selbst Mozart, der während seines mehrmonatigen Winteraufenthaltes 1777/78 in Mannheim Gelegenheit hatte, das Werk gründlich kennenzulernen, beurteilte die Musik insgesamt positiv: "die Musick von Holzbauer ist sehr schön. ... am meisten wundert mich, daß ein so alter Mann wie holzbauer, noch so viell geist hat; denn das ist nicht zu glauben was in der Musick für feüer ist."
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Das vollständige dreibändige Partiturautograph der Oper Günther von Schwarzburg stammt aus der Musikaliensammlung der Fürsten zu Hohenlohe-Bartenstein, die heute im Hohenlohe Zentralarchiv in Neuenstein aufbewahrt wird. Es erweist sich als persönliches Arbeitsexemplar Holzbauers. Das Manuskript gestattet ganz ungewöhnliche Einblicke in die Werkstatt eines Komponisten aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, wie sie vergleichbar nur noch bei Mozart bekannt sind. Anhand der zahl-reichen Korrekturen sowie über 140 Überklebungen, die im Kommentarband abgebildet sind und zur leichteren Orientierung eingerahmt wurden, läßt sich in einzigartiger Weise der Entstehungsprozeß dieses wichtigen Werkes nachvollziehen. Erkennbar sind vier Kompositionsstadien: die Frühfassung, die Uraufführungsfassung und zwei nachfolgende Revisionen, die Holzbauer für die selbst finanzierte Drucklegung der Oper im Jahr 1777 vornahm. Neben dieser letzten bekannten Druckfassung besteht somit erstmals die Möglichkeit, die Fassung der Mannheimer Uraufführung bis auf wenige verlorene Rezitativpassagen zu rekonstruieren. Im Faksimile des Uraufführungslibrettos, das ebenfalls im Kommentarband wiedergegeben ist, wird neben textkritischen Anmerkungen zusätzlich auf diese Veränderungen hingewiesen. In einem Anhang finden sich darüber hinaus die wichtigsten Quellen zu Holzbauers Biographie und zur Oper Günther von Schwarzburg.
Bärbel Pelker, Forschungsstelle Südwestdeutsche Hofmusik der Heidelberger Akademie der Wissenschaften