Waldpädagogik in Mannheim – Bildung für nachhaltige Entwicklung im natürlichen Lernumfeld
Wer vormittags im Wald unterwegs ist, kann immer wieder Kindergruppen beobachten, die durch den Wald streifen, etwas sammeln oder Hütten bauen. Was machen die Kinder im Wald?
Hier findet Waldpädagogik statt. Die Untere Forstbehörde Mannheim erfüllt in Kooperation mit dem Waldhaus Mannheim ihren Bildungsauftrag. Zwei städtische Waldpädagoginnen führen jährlich bis zu 150 Veranstaltungen für unterschiedliche Zielgruppen und Altersstufen durch. Im Jahr 2023 waren es 145 Veranstaltungen mit ca. 3400 Teilnehmenden.
Aber was ist Waldpädagogik?
Ein Spaziergang durch den Wald bietet viele unterschiedliche Eindrücke für unsere Sinne. Wir hören das Knacken von Zweigen, das Rascheln der Blätter, wir riechen den feuchten Boden, das frische Laub, wir sehen Pflanzen, kleine Tiere und weiches Moos, wir fühlen den weichen Untergrund unter den Füssen. Alles ist ganz anders als in der alltäglichen Umgebung der Stadt. Die Luft ist frischer, der Geruch ein anderer und hier leben teils unbekannte Lebewesen.
Was hat dies alles für eine Bedeutung für uns persönlich?
Was haben wir mit dem Wald zu tun? Genau hier setzt die Waldpädagogik an. Genau hier greift die Bildung für nachhaltige Entwicklung. Nur wer versteht, informiert ist und fühlt welche Bedeutung und Relevanz der Wald für uns alle hat, der kann auch in seinem späteren Leben nachhaltige und überlegte Entscheidungen treffen und sich engagieren und einsetzen. Die Waldpädagogik hat zum Ziel das Lernen im Wald, das Lernen durch den Wald und das Lernen für den Wald zu ermöglichen. Dabei lernen die Teilnehmenden auch wechselseitig voneinander und empfinden sich als Teil der Natur. Und das Ganze draußen vor Ort, in einem realen Lernfeld.
Die Waldpädagogik wird im Wesentlichen durch drei Aspekte charakterisiert:
• Naturerlebnis mit allen Sinnen
• Waldpädagogik für alle
• Bildung für nachhaltige Entwicklung
Das Naturerleben mit allen Sinnen ist eine ganzheitliche Primärerfahrung draußen in und mit der Natur. Diese Erlebnisse fördern zentral ein vertieftes Verständnis für die Natur. Je früher solch eine Bindung und Verständnis geschaffen wird, desto besser. Je früher Kinder ein positives Erleben im Wald erlangen, desto intensiver und nachhaltiger ist ihre Grundeinstellung zum Wald.
Waldpädagogik ist für alle da und soll für alle zugänglich sein. Menschen mit jeglichen Besonderheiten und Einschränkungen kann der Wald erlebbar gemacht werden. Alle können Teil der Gruppe und des Waldes sein und Anteil nehmen und agieren. Im Wald und in der Waldpädagogik entsteht ein Gemeinschaftsgefühl, Aufgaben werden zusammen gelöst, Erfolge werden zusammen erreicht. Das gemeinsame Naturerlebnis steht im Vordergrund.
Wie hängen Waldpädagogik, Bildung für nachhaltige Entwicklung & das Leitbild Mannheim 2030 zusammen?
Die Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) soll Menschen dazu befähigen, vorrausschauend zu denken, nachhaltige Entscheidungen zu treffen und Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen. Durch BNE sollen Kernkompetenzen gefördert werden, die für eine aktive Gestaltung einer lebenswerten Gegenwart und Zukunft erforderlich sind. So sollen die Konsequenzen des eigenen Handelns auf jetzige und künftige Generationen und auch Menschen in ganz anderen Regionen der Welt realisiert und bei Entscheidungen berücksichtigt werden. Dazu eignet sich die Waldpädagogik besonders gut. Hier werden Kompetenzen gefördert und erlangt, um innerhalb des Kontextes Wald Zusammenhänge zu verstehen, Bezug zur eigenen Lebenswelt zu schaffen, eigenen Werte und Verhalten zu reflektieren und zukunftsfähig zu handeln. Erfahrungen und Erkenntnisgewinn stehen gleichwertig neben einander. Im Ökosystem Wald lassen sich ökologische, soziale und wirtschaftliche Beziehungen direkt veranschaulichen.
Bildung für nachhaltige Entwicklung geht alle Altersstufen etwas an. Jeder Mensch muss die Möglichkeit erhalten, sich Wissen und Kompetenzen für die Gestaltung einer für alle lebenswerten Zukunft anzueignen. Und so ist auch die Waldpädagogik für alle Altersstufen und Bevölkerungsgruppen offen.
Damit gibt es einen Bezug zum Leitbild Mannheim 2030, in welchem Bildung für Nachhaltige Entwicklung fest verankert ist, da gerade diese Art der Bildung die Gesellschaft befähigt, die globalen Nachhaltigkeitsziele umzusetzen. Mit der Nachhaltigkeitsstrategie hat sich die Landesregierung zudem das Ziel gesetzt Nachhaltigkeit zum zentralen Entscheidungskriterium des Regierungs- und Verwaltungshandeln zu machen. BNE ist auch im Schul-Bildungsplan von Baden-Württemberg verankert.
In Mannheim, wie in anderen Großstädten auch, gibt es im Alltag der Menschen immer weniger Kontakt zur Natur. Der Radius, in dem sich Kinder frei bewegen können, nimmt stetig ab. Naturräume werden durch Verdichtung reduziert. Mit der abnehmenden Erfahrung in der Natur nehmen Unsicherheit und Ängste zu, sich in der Natur hier im Wald sicher und frei zu bewegen. So sind organisierte waldpädagogische Angebote, insbesondere für Kinder, die kaum die Möglichkeit haben, den Wald selbst zu erkunden, regelmäßig und in großer Zahl besonders wichtig. Der Wald darf für die Kinder kein fremder unheimlicher Ort sein. Fehlinformationen über aggressive und menschenfressende Wildschweine, vom Baum fallende Zecken und weitere nicht vorhandenen Gefahren im Wald verhindern einen natürlichen, entspannten und emotional positiv geprägten Umgang und Erleben mit dem Wald. Die Kinder und Jugendlichen lernen in den waldpädagogischen Angeboten selbstständig Gefahren einzuschätzen und die eignen Bewegungen sicher auszuführen.
Die Waldpädagogik ist ein wichtiger Teil der Bildung für nachhaltige Entwicklung. Je mehr Kinder, Jugendliche und Erwachsene im Wald Kompetenzen lernen desto besser. So hat die Waldpädagogik Mannheim zum Ziel ihre Veranstaltungszahlen zu erweitern, die Kinder so früh wie möglich in den Wald zu bringen, für Erwachsene Beteiligungsprojekte anzubieten, um alle bei der Gestaltung einer nachhaltigen und lebenswerten Zukunft für uns und den Wald ins Boot zu holen.