Femizide verhindern – Möglichkeiten von Prävention und Intervention
Pressemitteilung Fachtag „Femizide verhindern – Möglichkeiten von Prävention und Intervention“ am 12.11.2019 in Mannheim
Am o.g. Fachtag nahmen insgesamt 240 Personen aus ganz Deutschland teil. Vertreten waren Mitarbeiter*innen aus Frauenhäusern, Frauenberatungsstellen, Jugendämtern, kommunalen Gleichstellungsbüros, bundesweiten Vernetzungsstellen, Täterberatungsstellen, Polizeipräsidien, Wissenschaft&Lehre, sowie Jurist*innen.
Im Sinne des interdisziplinären Fachaustauschs wurde auch das Programm zusammengestellt. Es gab Fachvorträge zu rechtlichen Themen, zur Istanbul-Konvention und auch die (Un-) Sichtbarkeiten in der medialen Berichterstattung wurden thematisiert. Ebenso haben wir etwas zum Beitrag der Wissenschaft zur Verhütung von Femiziden gehört.
Femizide sind keine dramatischen Einzelfälle, wie sie medial noch zu häufig dargestellt werden. Sie haben System und sind Produkt eines gesellschaftlichen Ganzen. Mit Femizid ist die vorsätzliche Tötung einer Frau aufgrund eines angeblichen Verstoßes gegen tradierte und normative Rollenvorstellungen gemeint. Frauen, die selbstbestimmt über ihr Leben, ihren Körper und ihre Sexualität entscheiden wollen, werden von denen, die dies nicht dulden, gewaltvoll bestraft1. In Deutschland treten Femizide meist als ‚Trennungstötung‘ auf: also die Tötung der derzeitigen oder ehemaligen Partnerin wegen der durchgeführten oder beabsichtigten Trennung2.
Neben einer professionellen und partnerschaftlichen Vernetzung der beteiligten Institutionen im Sinne des Gewaltschutzes von Frauen und Kindern ist die Finanzierung dieser Arbeit von grundlegender Wichtigkeit. Inhaltlich haben sich während des Fachtags folgende 5 Maßnahmen als zentral herausgestellt: 1. Schutz- und Hilfsstrukturen, wie z.B: Frauenhäuser können unter bestimmten Voraussetzungen (Platz, Finanzierung etc.) Frauen und Kinder adäquat schützen. 2. Maßnahmen müssen auf Augenhöhe erfolgen ohne die gewaltbetroffene Frau als mitverantwortlich darzustellen. 3. Allen zuständigen Behörden muss die Gefährdungslage in Hochrisikofällen klar sein und die Situation muss von den Beteiligten entsprechend ernst genommen werden. 4. Wenn Gefährdungseinschätzungen durchgeführt werden, dann systematisch und schlüssig. Und die betroffene Frau ist in den Prozess einzubeziehen. 5. In Sorge- und Umgangsrechtsverfahren muss der Schutz von Mutter und Kindern Vorrang haben.
1Russell, Diana and Roberta Harmes (2006). Feminicidio: Una Perspectiva Global. Mexico City: Centro de Investigaciones Interdisciplinarias en Ciencias y Humanidades of the National Autonomous University of Mexico, p. 74.
2 https://www.sueddeutsche.de/panorama/femizid-gewalt-gegen-frauen-1.4635132, Zugriff 29.10.2019
In diesem Sinne fordern wir auch sie als Medienvertreter*innen dazu auf, ihren Teil zur Verhütung von Femiziden beizutragen. Die mediale Berichterstattung ist neben den o.g. Aspekten ebenfalls ein wichtiger Baustein im Gewaltschutz von Frauen und Kindern. Femizide sind als das zu benennen und anzuerkennen was sie sind – die Taten haben mit Macht und Gewalt zu tun. Solange aber von ‚Beziehungstaten‘ und ‚Familiendramen‘ gesprochen und geschrieben wird, verschwindet die gesamtgesellschaftliche Dimension der Tat. Es wird der Eindruck vermittelt, die Tat sei irrelevant für die Öffentlichkeit und eine Privatangelegenheit. Wirklich verhindert werden können Femizide aber nur, wenn wir die dahinterliegenden Strukturen anerkennen und gezielt verändern. Wir begrüßen daher die Entscheidung der dpa vom 14.11.2019, Begriffe wie ‚Familientragödie‘ oder ‚Beziehungsdrama‘ nicht mehr zu verwenden in der Berichterstattung zu Gewaltverbrechen innerhalb von Familien und partnerschaftlichen Beziehungen.
Zur Übersicht der bisherigen Femizide 2019 in Deutschland besuchen sie folgende Homepage: http://www.onebillionrising.de/femizid-opfer-meldungen-2019/
Pressekontakt: Britta Schlichting / Sylvia Haller
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