Pferdestärke für den Mannheimer Stadtwald
Arbeitspferde in der Land- und Forstwirtschaft waren noch in den 50ern ein typisches Bild im Alltag. Durch den Einsatz von Maschinen und die zunehmende Industrialisierung sind Pferde heute fast nur noch im Hobby- und Sportbereich zu finden.
Um die Mannheimer Stadtwälder klimastabil umzubauen, setzen der Eigenbetrieb Stadtraumservice und die Untere Forstbehörde nun wieder auf die schonende Pflege und Flächenvorbereitung durch so genannte Rücke-Pferde. Über den Forstbetrieb Kaffenberger ist nun Thomas Sänger mit seinen zwei Kaltblütern Henry und Jochen bei uns unterwegs. In diesem Interview berichtet Thomas Sänger uns über die entschleunigende Arbeit mit dem Pferd.
Wie bist du aufs Pferd gekommen?
Ich habe sowieso schon immer einen landwirtschaftlichen Betrieb. Wenn du dann das ganze Konventionelle hinterfragst; was man tut und wie man es tut, dann hinterfragst du natürlich auch deine eigene Motorisierung. Ist das ganze zweckmäßig? Oder ist es doch komplett übertrieben? So landet man dann irgendwann schon irgendwie bei den Pferden als Alternative zu den Maschinen. Und im ökologischen Landbau gehören die Pferde einfach dazu.
Der Pfad abseits des Weges
Was meinen Job besonders schön macht, sind die kleinen Dinge. Wenn man erstmal den Pfad abseits des Weges gefunden hat, dann findet man diese kleinen Dinge. Dinge, die andere nie sehen würden. Man lernt sich an den Sonnenstrahlen oder dem Vogelgezwitscher zu erfreuen. Mann genießt die Ruhe, entschleunigt und ist abseits des großen Rennens unterwegs.
Zwei Füße, vier Hufe – Ein Team.
Wenn ich morgens um 5 das Licht anmache, kümmere ich mich wie jeder natürlich erstmal um mich. Danach werden dann direkt die Pferde versorgt, von denen haben wir standartmäßig vier. Meistens haben zwei Pferde Einsatz, während zwei zu Hause bleiben.
Und nicht nur ich arbeite mit den Pferden, sondern die ganze Familie. Wenn die Pferde dann bereit sind, geht es zeitig los in den Wald oder die Landwirtschaft. Heute habe ich den Jochen dabei, der ist mit 6 Jahren gerade der Jüngste, und Henry, der mit 20 Jahren der Älteste ist. Wir haben so eine intensive Beziehung; das ist wie Familie und noch mehr. Jeder hat seine Eigenarten. Man versucht das zu akzeptieren oder zu berücksichtigen. Letzten Endes ist das die Grundlage für eine gute Beziehung. Die Schwächen und Vorlieben des Anderen zu akzeptieren.
Was sind die Voraussetzungen für den Pferdeeinsatz im Wald?
Ja, Tatsache das Vorhandensein von Wald ist ganz nett. Der Wald hier in Mannheim sieht wirklich katastrophal aus durch den Klimawandel. Aber der erkennbar gute Wille, den Wald zu pflegen ist da. So ist es mir natürlich am liebsten. Außerdem machen wir gerne Durchforstungen. Da kannst du dann selbst den ersten Gang machen und siehst, dass daraus mal irgendwann ein Schuh wird.
Keine Arbeit, sondern eine Lebenseinstellung
Für die Pferde ist die Waldarbeit wunderbar. Unsere Pferde sind vom Charakter sehr verschieden. Manche sind ein bisschen anfällig und brauchen mehr Pausen und sanfte Worte, andere sind hochintelligent und man braucht fast nichts sagen. Manche sind ein bisschen dick, manche sind ein bisschen dünn. So wie bei uns Menschen. Durch die Arbeit sind sie sehr ausgeglichen und jedes Pferd will natürlich auch ein bisschen gefordert werden. Es sind Individuen und es gibt keine Bedienungsanleitung wie bei Maschinen. Wir betrachten das Ganze gar nicht als Arbeit, sondern als Leben. Und wir leben gerne so. Fertig.