NKHR - das Neue Kommunale Haushalts- und Rechnungswesen

Konzept des NKHR

Das bisherige kamerale Rechnungswesen stellt nur die Einnahmen und Ausgaben eines Haushaltsjahrs gegenüber. Damit fehlen wichtige Informationen für die Steuerung einer modernen Stadt: Welches Vermögen besitzt die Stadt? Wie verändert sich es? Wie viel kosten städtische Dienstleistungen? Diese und weitere Fragen beantwortet das Neue Kommunale Haushalts- und Rechnungswesen (NKHR). Mit diesen Informationen kann die Politik bessere Entscheidungen treffen und ihre Verantwortung gegenüber künftigen Generationen wahrnehmen.

Beispiel: Altersteilzeit

Vereinbart ein städtischer Mitarbeiter eine tarifliche Altersteilzeit, arbeitet er z. B. ab seinem 60. Lebensjahr noch zweieinhalb Jahre. Die übrigen zweieinhalb Jahre bis zum Renteneintritt (mit 65 Jahren) arbeitet er nicht mehr. Dafür erhält er vom 60. bis 65. Lebensjahr nur noch 60 Prozent seines Bruttoentgelts, die Rentenversicherungsbeiträge werden auf 80 Prozent aufgestockt.
Im alten kameralen Rechnungswesen wird in diesem Fall der kommunale Haushalt in jedem der fünf Jahre mit dem jeweiligen Entgelt belastet, obwohl der Mitarbeiter die letzten zweieinhalb Jahre nicht mehr arbeitet und durch einen neuen Mitarbeiter ersetzt werden muss, der zusätzlich Geld kostet.
Das NKHR berücksichtigt – sobald die Vereinbarung mit dem Mitarbeiter geschlossen ist –, dass für die letzten zweieinhalb Arbeitsjahre eine Leistung zugesagt wird, obwohl der Mitarbeiter nicht mehr arbeitet und ersetzt werden muss. Dafür werden entsprechende Rückstellungen gebildet. So werden zukünftige Zahlungsverpflichtungen schon heute sichtbar und können ggf. beeinflusst werden.

Die drei NKHR Komponenten

  1. Ergebnisrechnung:
    Entspricht der Gewinn- und Verlustrechnung von Unternehmen. Hier werden Aufwendungen und Erträge gegenübergestellt. So wird transparent, wie das städtische Gesamtvermögen zu- oder abnimmt.
  2. Finanzrechnung:
    Hier werden Einzahlungen und Auszahlungen verglichen. Damit wird sichtbar, ob mehr Zahlungsmittel zu- oder abfließen – also ob sich die Stadtkasse füllt oder leert.
  3. Vermögensrechnung:
    Entspricht der Bilanz von Unternehmen. Hier werden die Verwendung des städtischen Kapitals und die Herkunft der Mittel gegenübergestellt. So wird das Gesamtvermögen der Stadt erkennbar.

Vermögensrechnung

 

Steuerung im NKHR

Bisher hat der Gemeinderat die Aktivitäten der Stadtverwaltung gesteuert, indem er detailliert Ressourcen – also Geld und Personal – für bestimmte Aufgabenbereiche bereitgestellt hat. Daraus hat die Verwaltung abgeleitet, welche Produkte und Leistungen mit den vorgegebenen Ressourcen angeboten werden können.

Das NKHR bietet mehr Steuerungsinstrumente:
Aus dem Leitbild der Stadt wurden sieben strategische Ziele entwickelt. Daraus leitet die Politik Leistungsziele ab, die mit einzelnen Ämtern und Fachbereichen vereinbart werden. In diesen Zielen werden die gewünschten Wirkungen des städtischen Handelns vorgegeben. Die städtischen Führungskräfte legen dann eigenverantwortlich fest, welche Leistungen zum Erreichen dieser Wirkungen benötigt werden und welche Ressourcen dafür einzuplanen sind.

Produktorientierter Haushalt

Der Haushaltsplan wird nicht mehr nach Unterabschnitten und Maßnahmen gegliedert, sondern organisationsbezogen nach Fachbereichen/Ämtern und darunter nach Produktgruppen und Produkten.

Produktbereich Produktgruppe Produkt
36 Kinder-, Jugend- und Familienhilfe 36.20 Allgemeine Förderung junger Menschen 36.20.01 Kinder- und Jugendarbeit
36.20.02 Jugendsozialarbeit
FB 51: Jugendsozialarbeit
FB 40: Schulsozialarbeit
36.20.03 Beteiligung und Interessenvertretung von Kindern und Jugendlichen
...
  36.30.01 Sozial- und Lebensberatung
36.30.02 Förderung der Erziehung in der Familie
...


Damit kann der Gemeinderat gezielt vorgeben, welche Produkte bzw. Dienstleistungen die Stadtverwaltung in welcher Qualität anbieten soll.

Controlling

Bisher wurde regelmäßig vor allem überprüft, ob der Haushalt wie vorgegeben bewirtschaftet wurde – ob also die genehmigten Finanzmittel wie vorgesehen abgeflossen sind. Nur bedeutende städtische Projekte konnten genauer kontrolliert werden.
Die im NKHR vorhandenen Informationen ermöglichen zusätzlich, dass eventuelle Zielabweichungen frühzeitiger erkennbar werden und so zeitnah nachgesteuert werden kann.

Beispiel: Schlaglöcher

Für die Sanierung von Straßen sind im Haushalt 12 Millionen Euro vorgesehen. Bis Ende April sind davon rund 4 Millionen ausgegeben worden. Nach dem alten kameralistischen Ansatz ist die Maßnahme also exakt im Plan.
Im NKHR hat der Gemeinderat mit dem zuständigen Fachbereich zusätzlich das Ziel vereinbart, dass alle Frostschäden des vergangenen Winters bis Ende April behoben sein müssen. Das ist nicht der Fall: Rund ein Fünftel der Schlaglöcher sind noch nicht beseitigt. Es müssen also Gegenmaßnahmen vereinbart werden – z. B. mehr Aufträge an externe Firmen.

Haushaltsausgleich

Um einen ausgeglichenen Haushalt zu erzielen, müssen nicht wie bisher die Einzahlungen den Auszahlungen entsprechen. In der Systematik des NKHR ist der Haushalt dann ausgeglichen, wenn so viele Erträge erwirtschaftet werden, dass alle Aufwendungen gedeckt sind. Es müssen also nicht mehr nur die Ausgaben erwirtschaftet werden, sondern zusätzlich auch die Abschreibungen auf das vorhandene Vermögen sowie Rückstellungen für zukünftig unausweichliche Ausgaben.
Damit wird sichergestellt, dass die Stadt nicht von ihrer Substanz zehrt bzw. den nachfolgenden Generationen immer größere Schulden ohne Gegenwert hinterlässt.

Fazit

Vorteile des Neuen Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesens:

  • Bessere Zielorientierung: Auf Basis der strategischen Ziele vereinbart der Gemeinderat detaillierte Vorgaben zu Qualität und Wirkung der städtischen Leistungen mit den Ämtern und Fachbereichen. So kann er mehr Einfluss auf die Ergebnisse des städtischen Handelns nehmen als bei der bisher üblichen reinen Vorgabe von Haushaltsmitteln.
  • Größere Transparenz: Die Finanzlage und der Ressourcenverbrauch wird transparenter und besser steuerbar. So lassen sich z. B. die Gesamtkosten einzelner städtischer Produkte und Dienstleistungen erstmals exakt beziffern und – per Benchmark – mit anderen Kommunen vergleichen.
  • Mehr Generationengerechtigkeit: Das kamerale Rechnungswesen betrachtet nur die Ein- und Auszahlungen eines Jahres, das NKHR hat einen längeren Betrachtungszeitraum. Damit wird ersichtlich, ob die Stadt von ihrer Substanz zehrt oder nachhaltig neue Werte schafft. Hier kann eine „generationengerechte“ Finanzplanung ansetzen.

Weitere Informationen zum Neuen Kommunalen Haushalts- und Rechnungswesen
finden Sie unter http://www.nkhr-bw.de