Klimawandel im Wald
- Wie schätzen Experten die Klimaentwicklung in Mannheim ein?
Klimaexpert*innen gehen davon aus, dass wir in Zukunft mehr Tage mit extremer Hitze in Mannheim haben werden. Neben der zunehmenden Erwärmung werden auch die Niederschläge im Sommer zurückgehen. Die Jahre 2017 bis 2020 haben einen Vorgeschmack von einem solchen Szenario geliefert. Auch wenn die Klimaexpert*innen im Allgemeinen von ausreichend Winterniederschlägen ausgehen, so sind diese in den Jahren 2017 bis Frühling 2021 überwiegend ausgeblieben und die Wasserspeicher im Boden wurden nicht aufgefüllt. Eine schlechte Ausgangslage für trockene und heiße Sommer.
- Warum wirkt sich der Klimawandel besonders auf den Stadtwald Mannheim aus?
Unsere Waldbäume müssen mit den sich schnell verändernden klimatischen Bedingungen zurechtkommen oder fallen mittelfristig aus. Für eine Anpassung an sich verändernde klimatische Rahmenbedingungen benötigen komplexe Waldökosysteme sehr lange Zeiträume. Im Wald dauert ein Generationswechsel häufig 200 Jahre oder länger, während sich beispielsweise die Insektenwelt mit teilweise mehreren Generationen pro Jahr rasch an sich verändernde Umweltbedingungen anpassen kann. Jede neue Generation hat die Chance, sich mit neuen genetischen Informationen auf die veränderten Umweltbedingungen anzupassen. Mit den langen Zeiträumen eines Baumwachstums und dem daraus resultierenden langen Zeitraum, bis sich eine neue Waldgeneration durch Verjüngung einstellen kann, haben Waldökosysteme kaum eine Chance sich schnell an die sich so rasant verändernden Umweltbedingungen anzupassen.
Im Vergleich zur Landwirtschaft können im Wald nicht einfach im kommenden Frühjahr die Baumarten mit der nächsten Saat ausgetauscht werden. Auch der Stadtwald wird durch die Planzung klimastabiler Baumarten an die klimatischen Veränderungen angepasst, dort wo besonders viele Bäume absterben und sich keine klimastabilen Baumarten in der Verjüngung befinden. Ein Prozess der behutsam durchgeführt wird, maximal 0,5 % der Waldfläche werden pro Jahr angepasst, und somit wird sich der Prozess über viele Jahrzehnte hinziehen.- Wie wirkt sich der Klimawandel auf unseren Stadtwald Mannheim aus?
Die klimatischen Änderungen sind für die Entwicklung unseres Stadtwaldes eine besondere Herausforderung. Durch die außergewöhnliche Trockenheit und die vielen besonders heißen Tage der letzten Jahre geraten viele unsere Baumarten unter enormen Stress. Durch die Ausbreitung des Diplodia-Pilzes leidet die Kiefer, unsere Hauptbaumart auf den trockenen sandigen Böden, ganz besonders unter der Trockenheit und Hitze der Jahre 2017 bis 2021. Das Diplodia-Triebsterben bei Kiefern ist schon länger bekannt. Gravierende Schäden traten bisher nur in deutlich wärmeren Regionen auf. Für unsere Mannheimer Wälder ist es neu und die Folgen sind gravierend. Der starke Befall führt zum schnellen Absterben des Baumes oder schwächt Kiefern nachhaltig, was den Befall mit Folgeschadorganismen, wie Pracht- und Borkenkäfern, fördert. Diese wiederum verursachen ebenfalls umfangreiche Folgeschäden an den dann ohnehin bereits geschwächten Bäumen.
Insbesondere bei schattenliebenden Baumarten, wie der Buche, kommt es durch Trockenheit und Hitze zu Absterbeprozessen. Klimaprognosen räumen der Buche keine Erfolgsaufsichten auf den trockenen Sandstandorten ein. Bei der Eiche wirken sich die Schäden meistens einige Jahre zeitversetzt aus, wie langjährige Erfahrungswerte zeigen. Im Jahr 2021 werden die ersten Folgen der Trockenjahre deutlich, wenngleich in deutlich geringerem Ausmaß, als bei den anderen Baumarten. Deutlich wird bei allen Baumarten, dass insbesondere die kleinkronigen Individuen besonders leiden und ausfallen. Daher ist es mehr denn je wichtig, Bäume zu großkronigen vitalen Exemplaren zu entwickeln.- Warum muss der Stadtwald an den Klimawandel angepasst werden?
Mannheim im Regenschatten des Pfälzerwaldes gelegen mit seinen Waldstandorten, die überwiegend aus Flugsanden und Dünen bestehen, ist eine der trockensten und wärmsten Regionen in Deutschland. Die Kiefern und Buchen kommen hier zunehmend an ihre Warm-Trocken-Grenze, wie die aktuell großflächig absterbenden Bäume leider zeigen. Mittels Baumeignungskarten, die neben dem Standort auch das verfügbare Wasser und die Temperaturentwicklung berücksichtigen, stufen die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt in Baden-Württemberg und die Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft in Rheinland-Pfalz die Buche für den Bereich des Oberrheintals als ungeeignet ein.
Der Klimawandel stellt für die Waldentwicklung, mit der Bindung der Bäume an die Standortverhältnisse und den langen Produktionszeiträumen, eine besondere Herausforderung dar. Es wird erwartet, dass das Ausmaß, die räumliche und zeitliche Verteilung sowie die Geschwindigkeit des Klimawandels vielerorts die Anpassungsfähigkeit unserer Baumarten überschreitet.
Grundsätzlich wird das Ziel verfolgt, naturnahe, mehrstufige Laubmischwälder zu entwickeln, die sich an der Baumartenzusammensetzung, Dynamik, Struktur und Ökologie natürlicher Waldgesellschaften orientieren. Dabei werden die Standortgegebenheiten und die klimatische Entwicklung explizit berücksichtigt. Eine ausschließliche Orientierung an der natürlichen Waldgesellschaft oder an der potenziellen natürlichen Vegetation, ohne die Berücksichtigung der rasanten klimatischen Veränderung, wird der Situation nicht gerecht. Stehen nicht ausreichend Baumarten der natürlichen Waldgesellschaft mit den notwendigen Eigenschaften zur Verfügung, die die Bildung eines gesunden, ökologisch wertvollen und klimastabilen Mischwaldes ermöglichen, ist die Beimischung alternativer Baumarten zur Risikostreuung zu prüfen.
Neophyten wie die spätblühende Traubenkirsche oder die Kermesbeere, Schädlinge wie der Borkenkäfer und Parasiten wie die Kiefern-Mistel profitieren dagegen vom Klimawandel. Gleichzeitig sterben seit Jahren immer mehr Individuen der aktuellen Hauptbaumart im Käfertaler Wald und Dossenwald, der Kiefer, ab. Sie leidet unter den zunehmenden Sommertemperaturen und der anhaltenden Trockenheit in Verbindung mit Schadorganismen, wie dem Diplodia Pilz. Auch bei schattenliebenden Baumarten, wie der Rotbuche, kommt es durch Trockenheit und Hitze zu Absterbeprozessen.- Wie können unsere Wälder widerstandsfähiger gegen den Klimawandel werden?
Am dringendsten ist, dass wir alles tun, um die CO2-Emissionen schnell zu senken und damit den Anstieg von Temperatur und die Häufung von Wetterextremen zu bremsen.
Im Stadtwald sind Baumarten zu fördern, die eine höhere Wahrscheinlichkeit haben, dass sie das Klima der Zukunft aushalten. Dies gilt bei uns vor allem für Eiche, die auf den meisten Standorten auch der natürlichen Waldgesellschaft entspricht. Es gilt Risiken zu streuen. In Zukunft soll deshalb kein Wald mehr mit weniger als drei Baumarten begründet werden, dabei sind Baumarten zu wählen, die sich hinsichtlich ihrer Funktions- und Reaktionsweise auf mögliche Störungen stark unterscheiden. Eine interessante Mischung bei uns im Stadtwald Mannheim ist ein Bestand aus Eiche, Kiefer und weiteren Lichtbaumarten trockenwarmer Wälder.
- Wie sieht unsere Vorstellung von einem zukunftsfähigen Wald aus?
Unsere Waldbäume wachsen sehr langsam. Bis eine Eiche richtig dick wird, vergehen schon einmal 200 Jahre. Für einen so langen Zeitraum kann die klimatische Entwicklung nicht seriös vorausgesagt werden. Um den Wald der Zukunft sicher planen zu können, müsste die Klimaentwicklung der nächsten 200 bis 300 Jahre konkret prognostiziert werden können. Dies ist nicht möglich.
Der Klimawandel stellt für die Waldentwicklung, durch die Bindung der Bäume an die Standorte und den langen Produktionszeiträumen, eine besondere Herausforderung dar. Es ist zu erwarten, dass die Geschwindigkeit des Klimawandels die Anpassungsfähigkeit der Bäume übersteigt. Daher ist Risikovorsorge angezeigt.
Grundsätzlich wird das Ziel verfolgt, naturnahe, mehrstufige laubbaumdominierte Mischwälder aufzubauen, die sich hinsichtlich der Baumartenzusammensetzung, Dynamik, Struktur und Ökologie an natürlichen Waldgesellschaften orientieren und dabei sowohl den Standort, als auch die klimatische Entwicklung explizit berücksichtigen. Stehen nicht ausreichend Baumarten der natürlichen Waldgesellschaft mit den notwendigen Eigenschaften zur Verfügung, ist die Beimischung alternativer Baumarten zur Risikostreuung zu prüfen. Mit einer bunten Mischung aus standortgeeigneten Baumarten wird die Voraussetzung für die Entwicklung eines gesunden, ökologisch wertvollen und klimastabilen Mischwaldes gelegt, der zur Erholung einlädt und Lebensraum für Arten bietet.- Warum reagieren wir erst jetzt? Der Klimawandel ist doch schon länger bekannt.
Die Kiefer, unsere Hauptbaumart in Mannheim, ist eine Baumart der Extreme. Eine Baumart, die eigentlich mit den besonders trockenen Standorten und Mannheimer Verhältnissen sehr gut zurechtkommen sollte. Auf den besonders trockenen Dünenbereichen ist sie natürlicherweise bei uns zuhause und bildet dort auch die natürliche Waldgesellschaft. Eigentlich kein Grund zur Sorge, denn die Kiefer war bis zum Beginn der Trockenjahre 2018 auch Teil der waldbaulichen Empfehlung für trockene Standorte. Erst die Kombination der extremen Trockenheit mit außergewöhnlich vielen Extremhitzetagen sowie ausbleibende Winterniederschläge führten zur Schwächung der Kiefer, zu Stress und Anfälligkeit für Folgeerkrankungen. Das Diplodiatriebsterben ist eine solche stressbedingte Folgeerkrankung. Dieser Pilz und die Borkenkäfer führen aktuell zum großflächigen Ausfall unserer Kiefernbestände.
Doch bereits vor drei Jahrzehnten wurde auch in Mannheim begonnen den Wald mit einer langfristigen Planung nach und nach an die sich verändernden Rahmenbedingungen anzupassen. Dabei wurden, Mischbaumarten wie zum Beispiel Eichenarten und andere Laubbaumarten durch Pflanzung eingebracht. Durch die hohen Maikäferdichte, die damals weit über den kritischen Grenzwerten für die Begründung von Forstkulturen lag, wurde dabei jedoch auf größere Maßnahmen bewusst verzichtet, denn die Larven des Maikäfers, die Engerlinge, fressen bevorzugt die Feinwurzeln junger Bäume. Aktuell ist die Dichte jedoch deutlich zurückgegangen, so dass das Pflanzen von Bäumen und somit eine Chance für eine Waldanpassung wieder ermöglicht wird. Eine Waldanpassung hin zu klimastabilen, buntgemischten, laubbaumdominierenden Waldbeständen. Um das Risiko zu verteilen, werden viele verschiedene klima- und standortangepasste Baumarten gepflanzt.- Wie wird der Stadtwald an den Klimawandel angepasst?
Der Klimawandel ist für die Entwicklung der Wälder eine besondere Herausforderung. Ziel ist es daher klimastabile – das bedeutet gemischte, strukturreiche und von Laubbäumen dominierte Wälder, mit einem hohen Anteil an Eichen zu entwickeln. Durch die Mischung von standortgeeigneten Baumarten werden Risiken reduziert, dass eines Tages eine Baumart, wie wir es momentan bei der Kiefer erleben, ausfällt und kein Wald mehr vorhanden ist. Mit Baumarten, die besonders an Trockenheit und Hitze angepasst sind, wollen wir den Stadtwald Mannheim sowohl als Lebensraum für Arten, als auch als Erholungsraum für die Bevölkerung langfristig sichern und erhalten. Hierfür werden auf besonders stark betroffenen Flächen, auf denen die Kiefer ausfällt und sich keine klimastabilen Baumarten in der Verjüngung befinden und keine natürliche Verjüngung zu erwarten ist, weil ausreichend geeignete Samenbäume fehlen, klimastabile zukunftsfähige Baumarten gepflanzt. Dies erfolgt jährlich auf 0,5 % der Stadtwaldfläche, also einem sehr geringen Teil verteilt auf verschiedene Flächen des Käfertaler Waldes und des Dossenwaldes. Da wir überwiegend Lichtbaumarten pflanzen, benötigen diese viel Licht. Entsprechend werden die abgestorbenen und kranken Bäume von der Fläche geräumt. Auch aus Gründen der Arbeitssicherheit dürfen diese nicht auf der Fläche verbleiben, denn nach der Pflanzung werden die Bestände über viele Jahre gepflegt.
- Welche Waldbestände werden mit Priorität an den Klimawandel angepasst?
Seit Jahren sterben Kiefern wegen der zunehmenden Sommertemperaturen ab. Dieser Absterbeprozess hat sich massiv beschleunigt und betrifft nun auch jüngere Kiefernbestände. Neu ist die Ausbreitung des durch den wärmeliebenden Pilz Diplodia verursachten Kiefern-Triebsterbens, der den Prozess noch beschleunigt. Auch schattenliebende Baumarten wie Buche leiden unter zunehmender Trockenheit und Hitze.
Negativ bemerkbar macht sich im gesamten Gebiet, vor allem aber in den Wäldern im Norden und Nordosten Mannheims, die anhaltende Ausbreitung der Spätblühenden Traubenkirsche. Mit dem Götterbaum kommt eine weitere neophytische Gehölzart mit einer starken Ausbreitungsfähigkeit und hohe Regenerationsfähigkeit vor. Als weiterer konkurrenzstarker Neophyt tritt vor allem im "Unteren Dossenwald" der Eschen-Ahorn auf. Diese Neophyten verhindern auf vielen Flächen eine natürliche Verjüngung nicht nur von Bäumen, sondern auch von Sträuchern und krautigen Pflanzen. Durch den Ausfall der Kiefer verbleiben in Bestandesteilen nahezu reine Flächen mit Spätblühender Traubenkirsche. Für den Spaziergänge mögen diese dichten Partien noch ggf. ansprechend sein, aber für den Erhalt der Lebensräume von Arten, die auf diese Pflanzen oder bestimmte Baumarten angewiesen sind und für die langfristige Walderhaltung, ist dies für die Biodiversität katastrophal und erfordert ein dringendes Handeln. Auch die Artenspezialisten der höheren Naturschutzbehörde fordern dies nachdrücklich.
Besonders stark betroffene Flächen werden durch die Pflanzung neuer Bäume an die Folgen des Klimawandels angepasst. Dies sind Flächen, auf denen die Kiefer flächig abstirbt, nicht ausreichend klimastabile Baumarten vorhanden sind und eine natürliche Verjüngung klimastabiler Lichtbaumarten oder anderer geeigneter Baumarten durch die flächige Beschattung durch die Spätblühende Traubenkirsche verhindert wird.
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